Alles digital, oder was? Die Digitalisierung der Unternehmen ist das große Business-Thema (Industrie 4.0, Machine-to-Machine, Internet der Dinge). Nicht erst seit heute. Aber dieser Tage gewinnt das luftige Wort an Kontur. Vielen Unternehmenslenkern dämmert, dass Digitalisierung keine Option ist, sondern eine Frage des Überlebens: Die Konkurrenz schläft nicht, sie steht weit oben in den Such-Rankings, sie kennt ihre Kunden immer besser, hat deshalb personalisierte Angebote und den gewünschten Service. Außerdem hat sie ihre internen Prozesse so effizient gemacht, dass sich die Mitarbeiter (fast) nur noch wertschöpfenden Aufgaben widmen. Sie hat vielleicht sogar ihr ganzes Geschäftsmodell zukunftsfähig umgekrempelt. Das wäre mal eine smarte Firma.
Solche Ergebnisse einer idealtypischen Digitalisierung setzen ganze Branchen wie Medien und Handel unter Wandlungsdruck. Dafür braucht es keine abgehobenen Beispiele wie Zalando, Amazon, Uber oder Airbnb. Dafür reicht ein Blick auf deutsche Mittelständler, die gegen internationale Konkurrenz bestehen müssen oder auch „nur“ als attraktive Arbeitgeber auffindbar sein möchten für die Fachkräfte von morgen.
Eine digitale Transformation verlangt viel von einem Unternehmen. Man braucht fähige Menschen, Werkzeuge und eine Strategie. Schauen wir mal auf die Veränderungen allein bei der Kommunikation. Marketing-Vordenker Karl Kratz nannte gestern beim Adobe Digital Marketing Day in Köln vier Bedingungen, die den Erfolg einer Transformation ausmachen:
Beherrschung wandelbarer Assets: Was tun, wenn im Webshop die Beschreibungen von 500.000 Produkten geändert werden müssen (weil zum Beispiel Google eine Regel geändert hat)? Geht das automatisiert? Oder ist das die Gelegenheit, sich auf die umsatzstärksten 2000 Produkte zu reduzieren?
Digitale Findbarkeit: Sichtbar sind alle Daten irgendwo, klar. Aber findet der Kunde das passende Produkt im richtigen Kontext? Außer Google sollte auch an die vielen speziellen Plattformen mit Suchfunktion gedacht werden: Amazon, Yelp, Dawanda, Jameda, Gelbe Seiten…
Resonanzfähigkeit: Resonanz wird beim Kunden erzeugt, wenn ein konkreter Bedarf auf das passende Angebot trifft. Besonders wahrscheinlich kommen diese Treffen zustande, wenn sich Unternehmen von der attributorientierten Kommunikation früherer Tage („2000 Watt“) verabschieden und stattdessen den Nutzenvorteil („Saugkraft“) in den Vordergrund stellen. Oder sie machen sogar ein bedarfsspezifisches Angebot im günstigen Kontext: „Endlich ein haarfreies Sofa trotz Katze, weil ja übermorgen wichtiger Flirt-Besuch kommt.“ Apropos: Der Dialog im Netz läuft am besten ab wie ein sympathischer Flirt: Entweder man tastet sich langsam an den Bedarf des Kunden heran, zum Beispiel mit Auswahlklicks (statt starrer Banner). Oder man kennt seinen Kunden dank CRM bereits so gut, dass man ihm bereits sehr früh auf seiner #digitaljourney ein personalisiertes Angebot machen kann.
„Full Stack“ Strategie-Framework: Für die drei genannten Bedingungen braucht es fleißige und kreative Menschen, die mit digitalen Werkzeugen umgehen können. Fehlt nur noch eine Strategie, damit alle in dieselbe Richtung rudern. Strategie, was war das nochmal? Karl Kratz hat eine schöne Definition. Eine Strategie beantwortet die Frage: „Wann wollen wir wie auf welchem Spielfeld gewinnen?“ Tipp: Am besten die Hardware besitzen, dann ist man näher am Kunden als jeder Konkurrent. Da es Apple, Google und Samsung aber bereits gibt, kommt diese Chance für die meisten Unternehmen nicht infrage. Etwas realistischer: gatekeeper werden und zum Beispiel als Portaleigner die Kunden zu sich selbst lotsen oder zur Konkurrenz. Oder game changer werden und mit einer Innovation eine Zeit lang konkurrenzlos sein. Auch nicht immer möglich. Was aber geht: grundlegend über das eigene Spielfeld der Zukunft nachdenken. Am besten heute.
Fazit: Die digitale Transformation der Konkurrenz macht nur dann Bauchschmerzen, wenn man selbst keine Strategie hat.